Reparatur- und Service-Zentrum

Ein Sommer-Interview

mit R.U.S.Z-Geschäftsführer Sepp Eisenriegler

über die Reparaturboni und die Qualitätssicherung seriöser Reparaturdienstleistungen, die Ausbildung von Reparaturfachkräften im R.U.S.Z sowie die nötige ökosoziale Transformation und ihre unnötigen Trittbrettfahrer

Angekündigterweise soll der Wiener Reparaturbon ab September in die nächste Runde gehen. Parallel dazu arbeitet die Bundesregierung an einem bundesweiten Reparaturbonus, der ab Jänner 2022 gelten soll. Als Vertreter des R.U.S.Z sowie des Wiener Reparaturnetzwerks warst Du in die Konzeption des Wiener Reparaturbon eingebunden und mit der Ministerin Gewessler stehst Du auch in Kontakt, was die Qualitätskriterien für den bundesweiten Reparaturbon betrifft. Kannst Du uns dazu ein Update geben? Was hast Du eingebracht, um die Qualität der bezuschussten Reparaturen sicherzustellen?

Der bundesweite Reparaturbonus kommt im ersten Quartal 2022. Nicht notwendiger Weise im Jänner. Aus dem BMK war zu erfahren, dass man sich das Erfolgsprojekt Wiener Reparaturbon zum Vorbild nehmen möchte. Letzterer ist ein durchaus innovatives und mutiges Konzept:

  • Innovativ, weil er für alle nutzbar ist und nicht nur für in Wien hauptgemeldete Personen, was Administrationskosten spart. Innovativ auch, weil nicht nur die Reparatur von E-Geräten, sondern alle Reparaturen, die von den Vertragspartnern im ReparaturNetzWerk Wien angeboten werden, gefördert werden.
  • Mutig, weil im Sinne des Qualitätsmanagements im ReparaturNetzWerk Wien die schwarzen Schafe unter den „Reparaturdienstleistern“ von der Förderung ausgeschlossen sind. Das sind – wie sich in 4 TV-Beiträgen mit versteckter Kamera herausgestellt hat – drei Viertel aller zufällig von den Redaktionen ausgewählten Anbieter!

Ministerin Gewessler hat sich im Rahmen meines Antrittsbesuchs zur bundesweiten Reparaturförderung bekannt und das fehlende Budget dafür geschickt in die Hilfen aus dem EU-Recovery Fund hineinverhandelt. Es werden nur Reparaturen an E-Geräten gefördert und das Qualitätsmanagement ist bis dato nicht gewährleistet. Es könnte also durchaus sein, dass viele Anbieter (schwarze Schafe) auch noch dafür belohnt werden, dass sie, anstatt eine seriösen Reparaturdienstleistung zu erbringen, die Kund*innen über den Tisch ziehen und ein Neugerät einreden. Übliche Killerphrase: „ Na gnä Frau, des Loga hea i a scho, des zoid si ned aus“. Und dann hat er auch noch eine neue (Billig-) Waschmaschine zufällig im Auto …

Es ist also von fundamentaler Bedeutung, die Kund*innen von seriösen Reparaturdienstleistern in den Genuss der 130 Mio. EURO Förderbudget kommen zu lassen. Ein Weg dorthin wäre, alle im reparaturfuehrer.at organisierten Anbieter einem strengen Qualitätsmanagement zu unterziehen. Vorgespräche mit dem operativen Betreiber dieser web-Plattform (Abfallberatung Tirol Mitte, ATM) im Rahmen eines RepaNet-Treffens haben ergeben, dass sie durchaus dazu bereit wären. Natürlich braucht es eine entsprechende Finanzierung …

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Was genau macht einen seriösen unabhängigen Reparaturbetrieb aus und wie schlägt sich das beispielsweise in den Aufnahmekriterien zum Wiener Reparaturnetzwerk nieder? Was waren die Überlegungen dahinter und was haben die Konsument*innen davon?

Ein unabhängiger Reparaturbetrieb, der seinem Namen gerecht werden will, muss reparieren wollen und können. Das ist leider nicht selbstverständlich, wie die TV-Beiträge mit versteckter Kamera gezeigt haben. Er muss sich auch seiner Rolle im Rahmen der großen Transformation zur Kreislaufwirtschaft bewusst sein: Reparatur ist die Königsdisziplin der Kreislaufwirtschaft, weil mit der Verlängerung der Nutzungsdauer von Produkten nichtregenerative Rohstoffe geschont werden und damit – mehr als 50% aller Umweltbelastungen im Leben von E-Geräten finden bereits in der Produktion und Distribution statt – ein wichtiger, individueller Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird.

Die Aufnahmekriterien für Betriebe im ReparaturNetzWerk Wien sind gleichermaßen Qualitätskriterien, welche die schwarzen Schafe, die in Wirklichkeit nicht reparieren sondern nur verkaufen wollen, ausschließen sollen:

  • Der Mitgliedsbetrieb garantiert, dass mindestens 50 % der Arbeitsplätze (ausgenommen administrative Arbeitsplätze) seines Betriebes Reparaturarbeitsplätze sind. Dies garantiert, dass bei dem Reparaturbetrieb die Reparaturdienstleistung und nicht der Verkauf von Neuware im Vordergrund steht.
  • Der Mitgliedsbetrieb bestätigt, dass es sich bei ihm um einen Universalreparaturbetrieb handelt. Das heißt die Markeneinschränkung darf 3 Marken nicht unterschreiten. Dies garantiert, dass der Reparaturbetrieb ein breites Markenspektrum bearbeitet.
  • Der Mitgliedsbetrieb verrechnet für die Erstellung von Kostenvoranschlägen bei Reparaturen in der Werkstätte maximal € 45,- (inkl. MwSt.). Bei Vor-Ort-Reparaturen können höhere Kosten für die Erstellung eines Kostenvoranschlages anfallen. Der Betrieb informiert im Vorhinein über die Kosten für die Erstellung eines Kostenvoranschlags (KV) inklusive Wegkosten. Der Betrieb informiert auf Anfrage im Kostenvoranschlag über alle zu verrechnenden Posten im Detail (z.B. über Wegkosten, Stundensätze, Material, stets inkl. MwSt.)
  • Der Mitgliedsbetrieb zieht bei Reparatur den für den KV verrechneten Betrag vom Rechnungsbetrag ab. Diese Regelung gilt nur für Werkstattreparaturen, nicht bei Vor-Ort-Reparaturen.
  • Der Mitgliedsbetrieb garantiert die vollwertige Reparatur ohne Überschreitung des Kostenvoranschlags. Stellt sich im Zuge der Reparatur heraus, dass die veranschlagten Kosten nicht eingehalten werden können, so kann der/die Kunde/in vom Reparaturauftrag zurücktreten. In diesem Fall bezahlt der/die Kunde/in lediglich die Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlags. Dies gibt die Sicherheit, dass die im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Kosten nicht überschritten werden.
  • Der Mitgliedsbetrieb erklärt sich bereit, an Maßnahmen zur Qualitätssicherung des Reparaturnetzwerks mitzuwirken, wie z.B. Teilnahme an Weiterbildungen, Verteilung der KundInnenkarte zur Leistungsbeurteilung der Reparaturdienstleistung, kooperative Zusammenarbeit in Reklamationsfällen und mit dem Projektmanagement, etc.). Dies zeigt die Bereitschaft der Betriebe, für Qualität zu garantieren.
  • Der Mitgliedsbetrieb garantiert die Erfüllung aller für den Betrieb relevanten gesetzlichen Vorschriften.
  • Der Mitgliedsbetrieb erklärt sich bereit, wenn die angefragte Reparatur im eigenen Betrieb nicht durchgeführt werden kann, einen kompetenten Reparaturbetrieb des Netzwerkes oder die Reparaturnetzwerks-Hotline zu nennen. Durch diese Zusammenarbeit der Betriebe werden die KonsumentInnen bei der Lösung von Reparaturproblemen optimal unterstützt.
  • In gut begründeten Fällen sind Abweichungen von einzelnen Kriterien möglich, diese müssen jedoch vom Beirat des Reparaturnetzwerks genehmigt werden.

Konsument*innen, die reparieren lassen, gehören zu einer wachsenden Minderheit, deren Statussymbole nicht das neueste i-Phone oder der dickste SUV sind. Sie gehören zu jenen, die Ressourcenvernichtung durch immer kurzlebigere Produkte nicht hinnehmen und ihren individuellen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen.

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Reparaturbetriebe brauchen Fachkräfte. Dem Mangel an Reparaturtechniker*innen wirkt das R.U.S.Z jetzt in Zusammenarbeit mit BFI und AMS entgegen. Kannst Du uns ein bisschen was darüber erzählen?

Wir finden trotz jahrelanger Suche seit 23 Jahren keine ausgebildeten Reparaturtechniker*innen. Bis jetzt haben wir uns mit Lehrlingsausbildung und Arbeitstrainings für arbeitslose Mechatroniker beholfen. Durch unser neues ökosoziales Franchising-System haben wir bei allen Interessent*innen den Flaschenhals Personalrekrutierung bestätigt gefunden. Deshalb haben wir – gemeinsam mit dem BFI – das Pilotprojekt „Zukunftsberuf Reparaturtechniker*in“ beim AMS Wien eingereicht und können nach den bisherigen Verhandlungen mit der Beauftragung rechnen. Ende September starten wir mit der Qualifikation von 10 Personen, die ein halbes Jahr lang, stark praxisbezogen, zum/zur Reparatur- und Service-Techniker*in ausgebildet werden.

In einem sechsmonatigen Lehrgang sollen die Trainees Kenntnisse aus den Bereichen Elektronik, Elektrotechnik und Mechatronik erwerben und praktische Erfahrung in der Reparatur und Wartung von Haushaltsgeräten im R.U.S.Z sammeln. Das Pilotprojekt startet Ende September und wird vom R.U.S.Z durch den R.U.S.Z – Verein zur Förderung der Sozialwirtschaft abgewickelt. Diese Weiterbildungsmöglichkeit soll bei Erfolg regelmäßig bundesweit (nach Rücksprache mit der WKO, mit der wir auch diesbezüglich in Kontakt sind) angeboten werden – idealerweise als Möglichkeit der Spezialisierung in der Mechatroniker*innen-Lehrlingsausbildung.

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Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft sowie die Forderung nach langlebigen und reparaturfreundlichen Produkten scheint momentan in aller Munde zu sein, vor allem aber in der Werbung. Haushaltsgeräte werden verstärkt mit Langlebigkeit beworben, ein sehr großer Online-Versandhändler spricht von Kreislaufwirtschaft, wo er doch nur das Recycling meint, zu dem er gesetzlich verpflichtet ist, und die größten Treiber des Konsumwahnsinns werben mit vermeintlichen CO2-Einsparungen. Kritische Stimmen sprechen von Greenwashing und Ablasshandel. Und dann kommt noch ein Kanzler und warnt vor einer klimaschutzbedingten Steinzeit. Wie geht es Dir als Pionier der Kreislaufwirtschaft mit dieser zwiespältigen Entwicklung, und was rätst Du Menschen, die die nötige ökosoziale Transformation unterstützen und mitgestalten wollen?

Naja, dass es Trittbrettfahrer gibt, war zu erwarten. Noch sind wir in einer Phase der großen Transformation, die es erlaubt, PR und Marketing-Maßnahmen ohne faktenbasierten Inhalt zu setzen. Ich erinnere mich an die erfolgreichste PR-Aktion aller Zeiten zum Verkauf neuer Haushaltsgeräte. Die Botschaft vor 10 Jahren war: „Wenn Ihr den Planeten retten wollt und dabei noch Geld sparen, müsst Ihr alle Haushaltsgeräte gegen die neuen energieeffizientesten tauschen!“ Daraufhin wurden Millionen von Waschmaschinen & Co. oft ohne Not getauscht. Seit 4 Jahren wissen wir, dass das außer Ressourcenvernichtung und Vervierfachung des ökologischen Fußabdrucks nichts gebracht hat: Alle, die damals und in den letzten 10 Jahren den Werbebotschaften auf den Leim gegangen sind, konnten sich bis zu 1,80 EURO sparen. Pro Jahr! Deshalb spreche ich hier von der "Energieeffizienzlüge", auch nachzulesen in meinem 2016er Buch "Konsumtrottel".

Was wir wirklich brauchen sind zuerst eine sozialverträgliche CO2-Bepreisung und in der Folge eine echte ökologische Steuerreform. Ressourcen- und klimaschonendes Verhalten muss sich rechnen, Markt- und Staatsversagen sind Steinzeit, genauso wie die heutigen 5.000 Werbebotschaften pro Tag, die uns zu Konsumtrotteln machen.

Konsument*innen sind gut beraten, sich an neue Formen des nachhaltigen Konsums zu gewöhnen. Wie bei der Produktdienstleistung Saubere Wäsche, die wir seit 4 Jahren anbieten: Ich muss nicht alles ins Eigentum übernehmen, was ich vermeintlich brauche. Mieten statt Kaufen würde die Hersteller neben der neuen EU-Ordnungspolitik dazu zwingen, langlebige und reparaturfreundlich konstruierte Produkte auf den Markt zu bringen.

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