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DiEM25 interviewt Noam Chomsky zur Corona-Krise

In der globalen Corona-Krise melden sich zahlreiche kluge Köpfe aus der Quarantäne zu Wort. Besonders beeindruckend ist der berühmte Linguist und politische Intellektuelle Noam Chomsky, der mit seinen 91 Jahren wahrlich viel gesehen hat. Seinen ersten politischen Aufsatz schrieb er bereits im Februar 1939 über den Fall Barcelonas an die Franco-Truppen und die Ausbreitung der faschistischen Seuche in Europa. Im aktuellen Gespräch mit Srecko Horvath von DiEM25 (Democracy in Europe Movement) sieht aktuell er einen kritischen Zeitpunkt in der Menschheitsgeschichte: nicht nur stellt sich die Corona-Krise mit ihrer Tendenz zu Abschottung und Kriegsrhetorik als das Ergebnis eines „kolossalen Marktversagens“ dar, auch die ökologischen und geopolitischen Folgen der globalen Erwärmung, die auf uns zukommen, samt der erhöhten Gefahr eines Atomkriegs, und nicht zuletzt der Zerfall der Demokratie zugunsten autoritärer Regierungsformen sollten uns einmal mehr zu denken geben:

In welcher Welt wollen wir eigentlich leben?

Es ist besorgniserregend zu sehen, wie in Corona-Krisenzeiten die politische Macht in Händen von soziopathischen Scharlatanen wie Trump oder Bolsonaro liegt und wie in Europa die internationale Zusammenarbeit an nationalen Egoismen scheitert: Deutschland hilft Griechenland nicht, aber Kuba und China schicken Hilfe nach Europa.

Die Corona-Krise ist vor allem ein „kolossales Marktversagen“, so Chomsky. Seit der SARS-Epidemie im Jahr 2003 sei klar gewesen, dass eine Corona-Virus-Pandemie wahrscheinlich ist. Laboratorien auf der ganzen Welt hätten daran arbeiten können, einen Schutz für potentielle Pandemien zu entwickeln. Warum ist das nicht passiert? Die sog. „Marktsignale“ waren falsch, so Chomsky, die Pharmafirmen haben ihre Riesengewinne anderweitig eingefahren:

„Wir haben unser Schicksal privaten Tyranneien, den sog. Konzernen, überlassen, die von der Öffentlichkeit nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. In diesem Fall ist die Herstellung neuer Körpercremes für die großen Pharma-Konzerne profitabler als die Suche nach einem Impfstoff, der die Menschheit vor der totalen Zerstörung schützt. Die Regierungen hätten hier einschreiten können“

Seit Reagan und Thatcher gilt die Doktrin des Neoliberalismus: „there is no such thing as society“, regulatorische Eingriffe gelten als wirtschaftsfeindlich und unsere Infrastruktur wurde „den Märkten“ und internationalen Konzernen überlassen, was sich heute sichtbar rächt und sich angesichts der Katastrophen, die noch ins Haus stehen, weiter rächen wird.

Chomsky verweist nicht nur auf die erfolgreiche Bekämpfung der Polio-Epidemie in den USA zu Zeiten des New Deals und öffentlicher medizinischer Forschung und Versorgung sondern warnt auch davor, dass der Neoliberalismus eine Fortsetzung im Zerfall der Demokratie und der Bildung autoritärer Systeme finden könnte, solange diese nur eine „gesunde“ Wirtschaft schützen. Man solle nicht vergessen, dass die Vordenker der „österreichischen Schule“ des Neoliberalismus (Hayek und von Mises) die Zerschlagung der Gewerkschaften und das Verbot der Sozialdemokratie im austrofaschistischen Ständestaat ausdrücklich begrüßt, und ebenso, dass die „chicago boys“ - also die „Chicagoer Schule“ - die mörderische Pinochet-Diktatur in Chile als Experimentierfeld für ihre Doktrin „freier Märkte“ benutzt haben.

Um für die andauerenden und sich verschärfenden ökologischen, ökonomischen und politischen Krisen gerüstet zu sein, fordert Chomsky - und das R.U.S.Z mit ihm - eine radikale Umstrukturierung der Gesellschaft hin zu humaneren Bedingungen und einem Fokus auf menschliche Bedürfnisse statt privater Profite!

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