Die Konsument*innen wollen langlebige und reparaturfreundliche Haushaltsgeräte und entsprechende Maßnahmen von der Politik!
Die Wiener Arbeiterkammer hat im Mai 2021 in ihrer Reihe „Materialien zur Konsumforschung“ eine Studie zum Thema Haushalts-Großgeräte hinsichtlich Langlebigkeit und Reparierbarkeit durchgeführt. Dabei wurde nicht nur das Reparaturverhalten sondern auch die Unterstützung konsumpolitischer Maßnahmen erhoben. In diesem Beitrag fassen wir die Ergebnisse sowie die konsumpolitischen Forderungen der Arbeiterkammer zusammen.
Ein erfreulicher allgemeiner Trend ist der Studie zu entnehmen: die österreichischen Konsument*innen wollen ihre Geräte möglichst lange nutzen, zeigen eine sehr hohe Reparaturbereitschaft und möchten ihre Geräte im Wesentlichen erst dann ersetzen, wenn diese defekt sind. Dies spiegelt sich auch im tatsächlichen Verhalten wider: Geräte werden dann ersetzt, wenn diese kaputtgehen und nicht mehr reparierbar sind.
Am höchsten ist die Reparaturbereitschaft bei Waschmaschinen und Geschirrspülern – knapp zwei Drittel der Befragten würden diese sicher oder eher reparieren lassen. Knapp 60 % würden einen Defekt beim Herd oder beim Wäschetrockner beheben lassen, bei letzterem ist sich jedoch nur jeder fünfte Befragte sicher und 40 % würden dies „eher schon“ tun.
Für das Gros der Reparaturen werden professionelle Reparaturservices beauftragt, das gilt z.B. für 84% der Kühlschränke und 58% der Waschmaschinen. Aber auch die Selbstreparatur sowie die Reparatur mithilfe sozialer Netzwerke spielt eine immer größere Rolle: insbesondere Staubsauger werden jeweils zu 34% selbst und sozial-vernetzt repariert.
Die drei wichtigsten Gründe für die Nicht-Reparatur waren bei allen Geräten die mangelnde Reparierbarkeit, das hohe Alter der Geräte und die hohen Kosten der Reparatur.
Um die Erwartungen der Konsument*innen an ihre Haushaltsgeräte zu veranschaulichen, differenziert die Studie auf Basis der erhobenen Daten fünf Konsumtypen: Ein eher technikorientierter Typ steht einem nachhaltigkeitsorientierten Typen gegenüber und spiegelt damit auch ideologisch divergierende gesellschaftliche Entwicklungen wider. Daneben wurden drei weitere Typen, ein anspruchsvoller Typ, ein sparsamer sowie ein indifferenter Typ herausgearbeitet.
Der technikorientierte und der indifferente Typ handeln weniger nachhaltig als die Vergleichstypen. Die interessantesten Unterschiede in den Handlungsmustern betreffen dabei die Nutzungsdauer und Reparaturbereitschaft. Die nachhaltigkeitsorientierten sowie die sparsamen Typen tendieren zu längeren, die technikaffinen und indifferenten zu bedeutend kürzeren Nutzungsdauern. Bezogen auf Reparaturbereitschaft begrüßen die Nachhaltigkeitsorientierten sowie Anspruchsvollen überdurchschnittlich oft eine Reparatur, während Technikorientierte und Indifferente diese zumeist ablehnend sehen.
Bei aller Differenzierung zeigt sich aber die Tendenz, dass Haltbarkeit und Qualität allen Konsumtypen deutlich am wichtigsten ist und sog. „smarte“ Funktionen am wenigsten wichtig.
85% der Umfrageteilnehmer*innen stimmen voll oder eher zu, dass wir in einer vom Überfluss geprägten Konsumgesellschaft leben und eigentlich viel zu viele Dinge haben, die wir gar nicht benötigen (Abb. 29). Verantwortlich ist dabei laut Befragten mitunter die Werbung – für 3/4 der Befragten verführt uns diese zum ständigen Kauf neuer Dinge. Die Konsument*innen haben Handlungsmöglichkeiten und stimmen 70 % voll oder eher zu, dass die Konsument*innen ihre Bedürfnisse und Wünsche reduzieren sollen. Dass Kaufentscheidungen das Angebot beeinflussen, sehen nur ¼ der Konsument*innen.
Konsumpolitische Maßnahmen
Dass österreichischen Konsument*innen ihre Geräte möglichst lange nutzen und auch reparieren lassen wollen, zeigt sich nicht nur im erhobenen Verhalten, sondern auch in der hohen Zustimmung zu einer Vielzahl konsumpolitischer Maßnahmen zur Förderung von Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Insgesamt sollen die Konsument*innen in ihrer Positition gestärkt und die Möglichkeiten für Reparatur und ReUse ausgebaut werden.
- Gewährleistung: Im Zusammenhang mit Produktnachhaltigkeit und Durchsetzung von Konsumentenrechten spielen Gewährleistungsansprüche eine wichtige Rolle.
- Nachhaltige Produktgestaltung: Produzent*innen sollen angeregt werden, ihre Produkte von vornherein haltbarer zu gestalten, z.B. durch modulares Design. Durch den modularen Aufbau können einzelne Komponenten adaptiert und auf den neuesten technischen Stand gebracht werden, ohne das komplette Gerät zu erneuern. In diesem Zusammenhang ist auch die Standardisierung und Normung von Produktteilen (s.u.) zu sehen.
- Standardisierung und Normung von Produktteilen
- Verpflichtung, Softwareupdates für einen bestimmten Zeitraum zu gewährleisten
- Bessere Rahmenbedingungen für Reparaturen: Reparaturen sollen technisch möglich, einfach durchführbar (z.B. Akkuaustausch, Verbot von Spezialwerkzeugen, Verfügbarkeit von Ersatzteilen) sowie leistbar und attraktiv sein (z.B. Verfügbarkeit von Ersatzgeräten und -teilen). Die Industrie muss ihre Verantwortung wahrnehmen und durch entsprechendes Produktdesign Reparaturen erleichtern. Der Handel ist gefragt, statt Anraten zum Neukauf verstärkt Reparaturservice zu organisieren. Durch Förderung unabhängiger Reparaturbetriebe könnten lokale Arbeitsplätze insbes. in der Sozialwirtschaft geschaffen werden. Unabhängige Reparaturdienstleister sollen umfassenden Zugang zu Konstruktions- und Reparaturanleitungen von Produkten erhalten.
- Stärkung und Ausweitung der Ökodesign-Richtlinie: Mit der Ökodesign-Richtlinie werden wichtige verpflichtende Maßnahmen für einzelne Produktgruppen (z.B. Mindesthaltbarkeit, Ersatzteilverfügbarkeit etc.) getroffen, allerdings mit zu großem Augenmerk auf Energieeffizienz und zu wenig auf dem „Recht auf Reparatur“! Eine Verstärkung der Marktüberwachung wie auch der Rechtssicherheit für Konsument*innen ist ebenso angezeigt wie eine raschere Umsetzung.
- Transparente und leicht verständliche Konsumenteninformation: Voraussetzung ist die Erhöhung gesetzlicher Mindeststandards, z.B. Lieferkettengesetz: Konsument*innen haben grundlegende Absicherung, dass menschenrechtliche und Umwelt-Standards eingehalten werden.
- Erhöhung der Markttransparenz von Produkten: Für Konsument*innen ist das Marktangebot einzelner Produkte unübersichtlich und undurchschaubar. Es gibt viele Variationen ähnlicher Produkte desselben Herstellers. Dies führt zu bedeutenden Nachteilen für Konsument*innen, aber auch für die Umwelt (z.B. hinsichtlich Ersatzteile). Aus Sicht der Konsument*innen wäre ein transparenteres Angebot (z.B. durch einheitliche und nachvollziehbare Modell- und Typenbezeichnungen) erstrebenswert.
- Werbung muss ökologisch und sozial verträglich sein (z.B. verantwortlicher Umgang mit Ressourcen, d.h. längere Nutzung von Produkten) und Greenwashing-Methoden müssen unterbunden werden. Nachhaltigkeit im Allgemeinen erlebt einen gesellschaftlichen Aufwind, dies haben auch Unternehmen als Werbestrategien entdeckt. Für Konsument*innen ist aber oft nicht durchschaubar, ob es sich um eine ernstzunehmende Produktalternative zu herkömmlichen Produkten oder um ein reines Marketinginstrument handelt.
- Mit Fokus auf die Debatten über das gute Leben für alle ist es eine gesellschaftliche Frage, welche Art und welches Ausmaß von Konsum erstrebenswert ist. Dabei ist es wichtig, Diskurse über Konsum auf gesellschaftlicher und nicht auf individueller Ebene zu verhandeln. Es bedarf einer breiten Debatte über die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Konsumieren.